: 3 Monate
alt (korrigiert gerade geboren :-))
Die ersten
Tage zuhause waren eine echte Umstellung. Was war das für eine
Ruhe hier im Vergleich zum Klinikalltag. Eigentlich war diese Ruhe
etwas Herrliches, aber manchmal ging sie mir schier auf die Nerven,
war ich Ruhe doch so überhaupt gar nicht gewöhnt. So schrie
ich also aus Leibeskräften, manchmal über Stunden, um
diese Stille zu überbrücken. Nachts war das besonders
schlimm und ich ließ meine Eltern nicht mehr zur Ruhe kommen.
:-) Mama und Papa versuchten, mir die Eingewöhnung so leicht
wie möglich zu machen, stellten sogar auch mal leise das Radio
an nachts, damit ich etwas "Lärm" hatte, aber das
war mir dann wiederum auch nicht recht, ich wollte ja Ruhe, ach,
manchmal wusste ich im Grunde auch nicht wirklich, was ich eigentlich
wollte. Es war eben alles so ungewohnt, so schön, so gemütlich,
so friedlich, aber eben auch so anders und so richtig trauen konnte
ich dem Frieden eigentlich auch nicht.
Und Recht
sollte ich behalten. Von den weißen Kitteln nämlich blieb
ich wider Erwarten nicht verschont, also ehrlich, dass hatten Mama
und Papa mir verschwiegen in ihren rosigen Erzählungen von
Zuhause. Noch in der ersten Woche daheim wurde ich meiner neuen
Kinderärztin vorgestellt. Meine Aufregung verbarg ich unter
heftigstem Nuckeln. Ich gab mir außerordentliche Mühe
einen guten Eindruck zu hinterlassen, vielleicht wollte sie mich
dann ja nicht so oft sehen... Meine Rechnung ging vorerst auf, die
Ärztin war sehr zufrieden mit mir!
In der
ersten Zeit daheim tat ich mich schwer einen Rhythmus zu finden,
aber ich glaube, dass haben meine Eltern auch nicht erwartet. Nur
mein Hunger- und Durstgefühl bekam ich einigermaßen geregelt
so alle 3-4 Stunden im Durchschnitt und ich trank immer ordentlich
so um die 70 ml, mehr als ich eigentlich musste. 60-65 ml hätten
es auch getan. So kam es, dass ich knapp eine Woche nach meiner
Ankunft zuhause schon 2430 g wog. Das 90 g in einer knappen Woche
nun wirklich kein Pappenstiel sind, sollten meine Eltern schon noch
merken...Sie hatten schnell raus, dass ich Latexsauger bevorzugte,
klar, die kannte ich schließlich aus meiner ersten Heimat.
Da wollten die mir doch glatt, solche durchsichtigen Silikonsauger
andrehen, nee, nee, nicht mit mir!
Ein bisschen
Besuch bekam ich sogar auch schon, allerdings wohldosiert, da haben
Mama und Papa arg drauf geachtet. Denn ich war ja auch gerade erst
zuhause angekommen und Oma und Opa waren ja die erste Woche auch
noch da, da hatte ich erst einmal Abwechslung genug. Mein Nach-Hause-Kommen
war übrigens Omas schönstes Geburtstagsgeschenk.
Windeln wechseln mochte
ich auch nach wie vor nicht, überhaupt konnte ich es ganz und
gar nicht leiden, wenn man an mir rumzuppelte. Ich mochte nicht
eingecremt werden, schon gar nicht im Gesicht, ich weiß nicht,
ich hatte eine Urangst, wenn man mich im Gesicht anfasste und Baden
war mir total verhasst! Erst war ich ja nur skeptisch, aber dieses
dunkle Monstrum von "Babybadewanne" jagte mir dann doch
gehörig Angst ein und soviel Wasser, wenn ich nur nicht ertrank...
Also am
liebsten kuschelte ich mich warm eingepackt in Mamas oder Papas
Arme und das bitte schön rund um die Uhr!
Immer wieder wurde ich in meinen Stubenwagen gelegt, ich gebe zu,
er war ja hübsch anzusehen, aber doch nicht alleine...Wenn
sich Mama oder Papa dazugelegt hätten, okay, das wäre
sicher sehr gemütlich geworden, aber mit nur einem Nucki, meiner
Spieluhr und ein paar Teddys, nein, da hatte ich Angst. Ich wollte
Mamas Nähe spüren, die Wärme und die leckere Mumi
riechen. So weinte ich immer wieder und beharrlich und wenn ich
mal nicht weinte, dann weil ich auf Mamas oder Papas Arm durfte
oder tatsächlich aus Versehen mal im Stubenwagen eingeschlafen
war. Dann aber hielt mein alter Kumpel, mein Monitor, garantiert
fest zu mir und bimmelte laut, so dass meine Eltern senkrecht im
Bett standen und beide in einer affenartigen, geradezu panischen
Geschwindigkeit die Bettdecke hochrissen. Ich erschrak jedes Mal
heftig, aber lustig war das schon wie so zwei Augenpaare entsetzt
auf mich herabglotzten. Dieses Spiel spielte ich fortan häufiger,
zeigte es mir doch wie gut ich meine Eltern schon im Griff hatte.
Aber ich konnte mich wirklich nicht beklagen, sie waren stets sofort
zur Stelle, ließen mich nicht warten und wenn sie wirklich
einmal nicht sofort kommen konnten, was äußerst selten
zutraf, riefen sie mir erst einmal fröhlich zu, um mir die
Warteminuten zu verkürzen.
Gegen
meine Krokodilstränen war eine mächtig lange Zeit wirklich
kein Kraut gewachsen und sie machten Mama und Papa arg zu schaffen,
wollten sie mich doch glücklich sehen. Sehr schnell sahen sie
ein, dass Wiegen im Arm immer noch am hilfreichsten war, meine Tränen
versiegen zu lassen und so wurde dies schnell zum Dauerzustand und
ich konnte den Alltag aus Arm- oder Schulterhöhe stets gut
verfolgen :-).
So insgesamt
gesehen war ich nach einer Woche zuhause schon viel ausgeglichener
und habe mir immer wieder große Mühe gegeben, Mama und
Papa für ihren aufopferungs- und liebevollen 24-h-Service mit
einem noch zaghaften Lächeln zu beglücken.
Nachdem
ich mir also etwas Ordnung geschaffen hatte Zuhause, begann ich
mein Leben so langsam in vollen Zügen zu genießen.
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